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Ozeanwissen

Plastik-Müll im Ozean

Plastik und seine Eigenschaften

Plastik, Fische und Entenmuscheln
Foto von Bryce Groark Alamy

Plastik besteht aus synthetisch hergestellten organischen Polymeren, die durch die Verknüpfung von vielen kleineren Molekülbausteinen gebildet werden. Vorwiegend werden diese Kunststoffe aus fossilen Brennstoffen, beispielsweise Erdöl und Gas, hergestellt. Plastik wird für eine Vielzahl an Produkten verwendet und hat Materialien wie Papier, Glas und Holz in vielen Bereichen bereits verdrängt …

Plastik besteht aus synthetisch hergestellten organischen Polymeren, die durch die Verknüpfung von vielen kleineren Molekülbausteinen gebildet werden. Vorwiegend werden diese Kunststoffe aus fossilen Brennstoffen, beispielsweise Erdöl und Gas, hergestellt. Plastik wird für eine Vielzahl an Produkten verwendet und hat Materialien wie Papier, Glas und Holz in vielen Bereichen bereits verdrängt. Kunststoffprodukte haben nicht nur niedrige Produktionskosten, sie sind darüber hinaus besonders langlebig, leicht und gleichzeitig ausgesprochen stabil. Aber viele dieser Eigenschaften stellen nun ein großes Problem dar. Plastik ist nur schwer biologisch abbaubar, sammelt sich in der Umwelt an und bleibt oft viele Jahrzehnte erhalten. Heute treiben Unmengen Plastikteile in unseren Meeren weltweit von Pol zu Pol und von der Meeresoberfläche bis zur Tiefsee. Ein Großteil treibt auf der Meeresoberfläche und wird mit den Strömungen über lange Strecken transportiert. Obwohl Plastik praktisch nicht zersetzt wird, verwittern und zerfallen größere Stücke in viele kleinere. Die so entstandenen Teilchen werden ab einer bestimmten Größe, kleiner als 5 mm, als Mikroplastik bezeichnet. Sie sind mit dem bloßen Auge schwer zu erkennen. Eine weitere Eigenschaft von Plastik ist, organische Schadstoffe und Schwermetalle aus der Umwelt im hohen Maße anzuziehen und anzureichern. Zusätzlich werden bei der Kunststoffproduktion Schadstoffe wie Weichmacher hinzugefügt, die dem Plastik seine besonderen Eigenschaften verleihen. Diese Weichmacher sind jedoch nicht chemisch an den Kunststoffmolekülen gebunden und daher leicht löslich. Viele der Schadstoffe sind auch hormonell wirksam oder können sogar krebserregend sein. Plastik ist somit ein Transportmittel für Schadstoffe. Das Größen- und Verteilungsspektrum von Plastik ist enorm und das Ausmaß an Folgen groß.

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Wie viel Plastik wird hergestellt und wie viel wird recycelt?

Produktion

Der erste synthetische Kunststoff "Bakelit" wurde im Jahre 1907 von dem belgischen Chemiker Leo Hendrik Baekeland entwickelt und hat das tägliche Leben weitreichend verändert. Ein Leben ohne Plastik ist kaum mehr möglich und es ist eine große Herausforderung plastikfreie Alternativen zu finden. Mit enormem Wachstum seit mehr als 50 Jahren ist die weltweite Produktion im Jahr 2017 auf 348 Millionen Tonnen angestiegen. Davon wurden fast 30% in China hergestellt. In Europa stabilisierte sich die Kunststoffproduktion im Jahr 2013 nach dem Einbruch durch die Finanzkrise in 2009. Die heutige Produktion in Europa beträgt rund 64 Millionen Tonnen.

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Recycling

In 2016 sind in der EU 27 Millionen Tonnen an Plastikmüll angefallen, davon wurden 31% recycelt. Zum ersten Mal war die Recyclingrate höher, als das Entsorgen auf Mülldeponien. In den letzten zehn Jahren ist die Recyclingrate um 80% angestiegen und man hat festgestellt, dass die Länder, die Entsorgungsgrenzen auf Mülldeponien angelegt haben, auch mehr recyceln (1).
Kunststoffabfälle sind eine Ressource aus der neue Produkte hergestellt werden können. Dies geschieht derzeit aber nur mit einem sehr kleinen Teil des anfallenden Plastikmülls. Generell werden dafür Kunststoffe sortiert, in Flocken zerkleinert, gewaschen, getrocknet, erneut sortiert und zu Granulaten verarbeitet. Kunststoffe, die nicht nachhaltig recycelt werden können, können in effizienten „Waste-to-Energy"- Anlagen zur Strom- und Wärmeerzeugung für Millionen von Haushalten oder als Brennstoff für industrielle Prozesse benutzt werden.

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Wie viel Plastik gibt es in den Ozeanen und wie viel gelangt hinein?

Plastik ist in den Ozeanen allgegenwärtig und es gibt reichlich Nachschub

Plastikverschmutzung ist in den Ozeanen weltweit allgegenwärtig. Plastikteile werden durch die Wind- und Oberflächenströmungen in den Weltmeeren großflächig verteilt. Nach aktuellen Schätzungen treiben mehr als 5 Billionen Kunststoffteile mit einem Gewicht von über 268000 Tonnen in den Weltmeeren hin und her (233400 t Makroplastik, 35540 t Mikroplastik) …

Plastikverschmutzung ist in den Ozeanen weltweit allgegenwärtig. Plastikteile werden durch die Wind- und Oberflächenströmungen in den Weltmeeren großflächig verteilt. Nach aktuellen Schätzungen treiben mehr als 5 Billionen Kunststoffteile mit einem Gewicht von über 268000 Tonnen in den Weltmeeren hin und her (233400 t Makroplastik, 35540 t Mikroplastik). Mehr als 1/3 der Masse befindet sich davon im Nordpazifik, v.a. im Zentrum des subtropischen Wirbels. Zu diesem Ergebnis kommen Forscher nach der Auswertung von Daten aus 24 Expeditionen die über sechs Jahre (2) liefen.

Die überwiegende Anzahl der in den Ozeanen treibenden Kunststoffe, sind kleine Fragmente mit einer Größe von weniger als 5mm, sogenanntes Mikroplastik (siehe Grafik). Die meisten Mikroplastikpartikel sind Fragmente, die durch das Zerbrechen von größeren Plastikteilen entstanden sind. In den Netzen der Forscher wurden hauptsächlich unterschiedliche Ausrüstungsgegenstände aus der Fischerei, die direkt in das Meer gelangen wie Bojen, Leine und Netze, gefunden. Aber auch andere Plastikgegenstände wie Eimer, Flaschen, Styropor und Plastiktüten, die vom Festland aus ins Meer gelangen, wurden gefunden (2).

Obwohl Berichte über Plastikmüll im Meer bereits in den frühen 1970er Jahren auftauchten, gibt es mehr als 40 Jahre später noch keine genauen Schätzungen über Menge und Herkunft des in den Ozean gelangenden Plastikmülls. Nun haben Wissenschaftler der University of Georgia erstmals ihre Berechnungen über die Massen an Kunststoffabfällen, die von Land über Flüsse, Abwässer, durch Wind und Gezeiten in die Ozean gelangen, veröffentlicht. Sie schätzten, dass im Jahr 2010 rund 2,5 Milliarden Tonnen Abfälle von 6,4 (entspricht 93% der Weltbevölkerung) Milliarden Menschen, die in 192 Küstenländern leben, erzeugt wurden. Ungefähr 11%, rund 275 Millionen Tonnen, waren davon auf Plastikmüll. Davon entfielen schätzungsweise 99,5 Millionen Tonnen auf den Bevölkerungsteil, der bis zu 50 km von der Küste entfernt lebt. Geschätzte 4,8 bis 12,7 Millionen Tonnen Plastik sind 2010 schließlich direkt von Land oder über Flüsse in die Ozeane gelangt. Der größte Anteil an Plastikmüll, der in den Ozean gelangen kann, kam 2010 aus China und Südostasien hauptsächlich durch unsachgemäße Entsorgung. Bleibt die Infrastrukur der Müllentsorgung wie heute kann die Menge an Kunststoffabfällen, die von Land in den Ozean gelangen kann, bis auf 28 Millionen im Jahr 2025 Tonnen ansteigen. Verbessert sich die Infrastruktur allein der 20 Länder mit der höchsten Abfallproduktion, kann die Müllmenge durch Recycling um 50 Prozent reduziert werden. Dafür wären erhebliche Investitionen in der Infrastruktur für die Müllentsorgung vor allem in Entwicklungsländern nötig (3).

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Wieviel Plastik kommt über die Flüsse in die Meere?

Über viele Jahre wurden ausschließlich Küstenregionen für die Verschmutzung der Ozeane von Land aus berücksichtigt. Eine steigende Anzahl an Studien zeigt jedoch, dass auch Flüsse eine bedeutende Rolle im Transport von Müll in die Ozeane einnehmen. So zeigen zwei neue Modelle, dass Flüsse für einen weltweiten, jährlichen Transport von rund 2,5 Millionen Tonnen Plastikmüll in die Weltmeere verantwortlich sind …

Über viele Jahre wurden ausschließlich Küstenregionen für die Verschmutzung der Ozeane von Land aus berücksichtigt. Eine steigende Anzahl an Studien zeigt jedoch, dass auch Flüsse eine bedeutende Rolle im Transport von Müll in die Ozeane einnehmen. So zeigen zwei neue Modelle, dass Flüsse für einen weltweiten, jährlichen Transport von rund 2,5 Millionen Tonnen Plastikmüll in die Weltmeere verantwortlich sind (4,5). Dies entspricht bis zu 22% der vom Land kommenden Plastikmüllverschmutzung. Dabei werden schätzungsweise 67% dieser Verschmutzung über Flüsse aus dem asiatischen Raum transportiert4. Da asiatische Flüsse weltweit als besonders verunreinigt gelten und zudem intensiv befischt werden, sind mehr Studien gerade in dieser Region notwendig (6). Auf welchem Wege gelangt nun aber Plastik und Müll im Allgemeinen in die Flüsse? Zum einen gelangt mit Mikro- und Makroplastik kontaminiertes Abwasser aus Kläranlagen direkt in die Flüsse z.B. durch Mikroplastikpartikel aus Kosmetik und Kleidungsfasern oder aus größeren Hygieneartikeln. Zum anderen gelangt Abfall in die Flüsse und an die Flussufer, zum Beispiel durch Freizeitaktivität, aber auch durch das bewusste Beseitigen von Müll und Haushaltsgeräten. Ein großer Faktor sind auch fehlende Müllsammelstellen bzw. Abwassersysteme, wodurch Anwohner ihren Haushaltsmüll und -abwasser direkt im Fluss beseitigen.

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Was sind die Folgen für Meerestiere?

Größenspektrum und Verteilung von Plastik hat vielfältige Auswirkungen

Die globale Plastikverschmutzung hat verschiedenste Auswirkungen auf marine Organismen. Einmal als physikalische Belastung durch mögliches Verheddern und orale Aufnahme, zweitens aber auch als Veränderung des Lebensraums. Auch der unbeabsichtigte Import von nicht einheimischen Arten kann eine Bedrohung darstellen …

Die globale Plastikverschmutzung hat verschiedenste Auswirkungen auf marine Organismen. Einmal als physikalische Belastung durch mögliches Verheddern und orale Aufnahme, zweitens aber auch als Veränderung des Lebensraums. Auch der unbeabsichtigte Import von nicht einheimischen Arten kann eine Bedrohung darstellen. Mehr als 500 Arten sind durch die Folgen des marinen Plastiks bedroht, Todesursache ist das Verheddern und die orale Aufnahme. Alle Meeresschildkrötenarten, 66% aller Meeressäugerarten und 50% aller Seevogelarten sind so vom Plastik betroffen (7).
Das Verheddern wird verursacht durch Fischereiequipment (zum Beispiel durch sogenannte „Geisternetze") und anderen Müll. Betroffen sind meistens Meeressäuger, Raubfische deren Beute sich in Müllansammlungen verstecken, Seevögel, die Leinen und Netze in ihren Nestern verarbeiten, aber auch Krebse, Oktopusse, Schwämme, Gorgonien und Korallen sind durch Angelleinen und Equipment beeinträchtigt. Dies kann die Nahrungssuche erschweren, viele Meerestiere verhungern als Folge. Meeressäuger können auch ertrinken und verletzt werden, wenn sie sich in den Netzen verfangen.
Des Weiteren kann das Absinken von Plastikmaterial auf den Meeresboden enorme Konsequenzen mit sich bringen. Seegraswiesen, Korallenriffe, Mangrovenwälder und Gezeitenzonen können gestört werden, indem Sonnenlicht gedämmt und die Photosyntheserate beeinträchtigt wird. Zudem führt ein reduzierter Wasseraustausch (zwischen Boden und Umgebung) zu einer geringeren Nährstoffaufnahme von bodenlebenden Organismen und eine geringe Sauerstoffzirkulation zu sauerstoffarmen Bedingungen.
Die Plastikaufnahme von Meerestieren kann bewusst aber auch unbewusst geschehen. Die bewusste Aufnahme von Plastik kann durch einfaches Verwechseln stattfinden, wenn Plastik eine ähnliche Farbe und Form wie die eigentlich gejagte Beute hat.
Die unbewusste Plastikaufnahme findet sich hauptsächlich bei den Filtrierern, wie kleinen Krustentieren, Schalentieren, Fischen Bartenwalen und Würmern. Diese filtern das Wasser um an Nahrung zu gelangen und nehmen die Plastikpartikel so auf. Das Plastik kann aber auch auf anderem Weg aufgenommen werden, zum Beispiel wenn das Beutetier mit Plastik kontaminiert ist und vom Räuber gefressen wird. Dies wurde bereits im Labor und in der Natur nachgewiesen. Die Aufnahme von Plastikmaterial kann den Verdauungstrakt beschädigen, blockieren und auch zum Verhungern führen.
Eine weitaus größere Gefahr könnten Weichmacher und organische Schadstoffe darstellen. Weichmacher werden während der Plastikproduktion in Plastik verarbeitet und verleihen ihm seine besonderen Eigenschaften (z.B. Elastizität, lange Haltbarkeit). Sie sind nicht chemisch gebunden und somit leicht aus dem Kunststoff lösbar. Plastik hat zudem die chemische Eigenschaft organische Schadstoffe aus der Umgebung in großen Mengen zu adsorbieren. Wenn Plastik nun von marinen Tieren aufgenommen wird, können Weichmacher und Schadstoffe an den Organismus abgegeben werden und Krebs auslösen, die Fruchtbarkeit reduzieren und Probleme mit dem Immunsystem verursachen (8,9).
Eine weitere Eigenschaft von Plastik ist, dass es auf der Oberfläche treibt. Im Laufe der Zeit wird die Plastikoberfläche von festgewachsenen Tierchen als Lebensraum genutzt. Aber auch schwimmende Tiere suchen Schutz in dem Treibgut. Durch Strömungen und Wind können diese neuen Lebensräume weite Strecken zurücklegen und zu anderen Ökosystemen gelangen, in denen die reisenden Arten nicht einheimisch sind. Dies kann eine enorme Änderung des Ökosystems verursachen, indem einheimische Arten verdrängt werden und sich das ganze Nahrungsnetz verändert. Die steigende Plastikverschmutzung in den Ozeanen und die Langlebigkeit von Plastik verglichen zu natürlichem Treibgut, lässt vermuten, dass in Zukunft die Verbreitung von Arten steigen wird.

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Wie gelangt Plastik in den Menschen und was sind die Folgen?

Die Aufnahmewege und mögliche Folgen

Plastik taucht in der Umwelt nicht nur im Mikrobereich auf, sondern auch im Nanobereich. Nanoplastik entsteht einmal durch die fortlaufende Zerkleinerung von Mikroplastik, aber auch durch die direkte Herstellung, zum Beispiel für Farben und 3D Drucker. Viele Studien beschäftigen sich mit der Auswirkung von Plastik in verschiedensten Meeresorganismen, nun stellt sich aber auch die Frage, inwieweit der Mensch von Plastik und dessen Toxizität betroffen ist. Es gibt zwei mögliche Wege Mikro- und Nanoplastik aufzunehmen, einmal über die Nahrung und einmal über die Atemwege …

Plastik taucht in der Umwelt nicht nur im Mikrobereich auf, sondern auch im Nanobereich. Nanoplastik entsteht einmal durch die fortlaufende Zerkleinerung von Mikroplastik, aber auch durch die direkte Herstellung, zum Beispiel für Farben und 3D Drucker.
Viele Studien beschäftigen sich mit der Auswirkung von Plastik in verschiedensten Meeresorganismen, nun stellt sich aber auch die Frage, inwieweit der Mensch von Plastik und dessen Toxizität betroffen ist.
Es gibt zwei mögliche Wege Mikro- und Nanoplastik aufzunehmen, einmal über die Nahrung und einmal über die Atemwege.
Viele Meerestiere nehmen Plastikpartikel auf. Diese akkumulieren dann im Magen-Darm-Trakt oder in anderen Organen und sogar auf Zellebene. Viele dieser Meerestiere dienen als wichtige Nahrungsressource des Menschen, wie zum Beispiel Fische und Schalentiere. Die Ergebnisse einer Mikroplastikanalyse von Muscheln (aus einer Muschelfarm in Deutschland) lassen vermuten, dass der regelmäßige Verzehr von europäischen Muscheln einen Mikroplastikeintrag von ungefähr 11.000 Partikel im Jahr für den Menschen bedeuten könnte (10). Jedoch ist die tatsächliche Anzahl, die der Mensch an Plastikpartikeln durch Meerestiere aufnimmt und die daraus resultierenden Folgen, unklar. Auch in weiteren Nahrungsmitteln und Getränken wurde bereits Mikroplastik/Nanoplastik entdeckt, dazu gehören: Honig, Zucker, Meersalz, Bier und auch Leitungswasser.
Der zweite Aufnahmeweg von Plastik ist über die Luft. Mikro- und Nanoplastik werden zum Beispiel durch Kleidung (Fasern aus z. B. Polyester und Polyacryl) und Autoreifenabrieb in die Atmosphäre freigesetzt. Des Weiteren wird Schlamm von Abwasseranlagen für die Düngung von Feldern verwendet. Dieser Schlamm enthält Kleidungsfasern, welche durch das Trocknen in die Luft freigesetzt werden. Eine Studie hat in Paris die Mikroplastikmenge der unmittelbaren Atmosphäre einer dichtbevölkerten und einer weniger dichtbevölkerten Region gemessen. Im Durchschnitt wurden 110 +- 96 Partikel/m2/Tag gemessen, bei denen es sich hauptsächlich um Fasern handelte. Zudem wurden mehr Partikel in der Innenstadt, als im Stadtvorort gemessen, was darauf schließen lässt, dass das Einatmen von Plastikpartikeln in der Stadt erhöht ist (11).
Plastik ist sehr resistent gegenüber chemischem Abbau und daher ist auch ungewiss, ob aufgenommene Plastikpartikel auch resistent gegen die mechanische Reinigung der Lunge und des Magen-Darm-Traktes sind. Je kleiner ein Partikel (z.B. <1 um), desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass es von Zellen aufgenommen wird und über Bluttransport in andere Organe gelangt. Jedoch ist die Aufenthaltsdauer und somit die mögliche Aufnahme und Reinigung von Mikroplastik nicht nur abhängig von der Größe, sondern von vielen weiteren Faktoren, wie zum Beispiel Form, Löslichkeit und Oberflächenchemie des Partikels. Auch die Struktur des Gewebes, wo er sich abgesetzt hat und die Interaktion mit der unmittelbaren Umgebung ist entscheidend. Mit der Aufnahme von Plastikpartikeln können eingearbeitete Weichmacher und von Plastik adsorbierte organische Schadstoffe im menschlichen Körper abgegeben werden. Organische Schadstoffe in einer simulierten Verdauungsumgebung (38°C, pH 4), werden 30-mal schneller von Plastikpartikeln abgegeben, als im Meerwasser (12). Viele organische Schadstoffe sind hoch toxisch und können zum Beispiel Krebs verursachen und das Immunsystem beeinträchtigen. Von vielen Weichmachern ist bekannt, dass sie z.B. die Fruchtbarkeit des Menschen negativ beeinflussen. Eine weitere Gefahr können sogenannte Biofilme auf Plastikoberflächen darstellen. Gelangt Plastik in die Umgebung, wird die Oberfläche von Mikroorganismen (dazu gehören Bakterien und Pilze) besiedelt und bilden eine Schicht, einen sogenannten Biofilm. Auch pathogene Bakterien, wie zum Beispiel Vibrio, können dazugehören und somit über die verschiedenen Aufnahmewege in den Menschen gelangen (13).

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Wir in Kiel: Schülerlabor und Forschung

Im ozean:labor der Kieler Forschungswerkstatt ist das Thema „Müll im Meer" ein fester Bestandteil eines Forschungstages. Beispielsweise wird die Verschmutzung der Ozeane anhand von kleinen Experimenten untersucht. Dabei erfahren Schülerinnen und Schüler was Plastik ist, wie der Plastikmüll ins Meer gelangt und wie lange er im Meer bleibt bis er abgebaut wird …

Im ozean:labor der Kieler Forschungswerkstatt ist das Thema „Müll im Meer" ein fester Bestandteil eines Forschungstages. Beispielsweise wird die Verschmutzung der Ozeane anhand von kleinen Experimenten untersucht. Dabei erfahren Schülerinnen und Schüler was Plastik ist, wie der Plastikmüll ins Meer gelangt und wie lange er im Meer bleibt bis er abgebaut wird. Zudem führen sie Versuche zu Eigenschaften unterschiedlicher Kunststoffproben durch und filtern Mikroplastik aus Kosmetikprodukten und Sedimentproben heraus. Die Angebote der Kieler Forschungswerkstatt richten sich an Schülerinnen und Schüler von der dritten bis zur sechsten und der elften bis zur dreizehnten Jahrgangsstufe. Entsprechend der jeweiligen Lernniveaus erhalten die Schülerinnen und Schüler in der Forschungswerkstatt faszinierende Einblicke in die Meereswissenschaften und in die Arbeitsmethoden von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Die Gruppen lernen die Bewohner der Ozeane kennen und erforschen auch die Gefahren für den Lebensraum Ozean durch das Eingreifen des Menschen.
Ganz neu ist der Plastik-Tag für Schülerinnen und Schüler der siebten bis zehnten Jahrgangsstufe. In dem 6 stündigen Kurstag setzten sich die TeilnehmerInnen intensiv mit den Themen „Mikroplastik – Kleine Partikel großes Problem", „Biokunststoffe – Eine Alternative mit Potential?" und „Recycling von Kunststoffen – Eine zweite Chance für Rohstoffe" auseinander. Zudem erstellen die Schülerinnen und Schüler zu dem Thema einen Stop Motion-Film, als Methode über soziale Netzwerke auf die Problematik Plastikmüll aufmerksam zu machen.

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Zusätzlich zu den Programmen für ganze Schulklassen koordiniert die Kieler Forschungswerkstatt jährlich den Coastal Cleanup Day entlang der Kieler Förde. Das international durchgeführte Programm wurde von der Organisation Ocean Conservancy ins Leben gerufen, um auf die Vermüllung der Meere auf allen Kontinenten aufmerksam zu machen …

Zusätzlich zu den Programmen für ganze Schulklassen koordiniert die Kieler Forschungswerkstatt jährlich den Coastal Cleanup Day entlang der Kieler Förde. Das international durchgeführte Programm wurde von der Organisation Ocean Conservancy ins Leben gerufen, um auf die Vermüllung der Meere auf allen Kontinenten aufmerksam zu machen. Am so genannten „Küstenreinigungstag" wurden im Jahr 2013 dabei rund 125 kg Müll an einem 3 km langen Kieler Strandabschnitt mit 100 Freiwilligen, v.a. Schulklassen, gesammelt, anschließend sortiert, gezählt, gewogen und an die weltweite Datenbank der Ocean Conservancy übermittelt. 2014 wurden dann bereits 13,5 km Strandlinie gemeinsam mit 503 Freiwilligen aus Schulen und Vereinen vom Müll befreit. Mit 423 kg Müll, darunter mehr als 33 000 Zigarettenkippen, wurde die Ausbeute des vorherigen Jahres bei weitem übertroffen. Die Sammelbilanz konnte im Jahr 2015 dann erneut übertroffen werden. Mit Hilfe von 554 Freiwilligen konnten 21,8 km Strand in der Kieler Bucht und Umgebung von 658 kg Müll befreit werden.
Im Laufe der Jahre wurden nicht nur Strandabschnitte der Kieler Förde gereinigt, sondern auch der Nordsee und der umliegenden Binnengewässer.
In 2016 haben bereits 776 Freiwillige teilgenommen und insgesamt 17,5 km Strand von 578 kg Müll gereinigt, dabei wurden im Schnitt 307 Müllteile auf 100 m Strand gesammelt. Im darauffolgenden Jahr wurden 723 kg Müll von insgesamt 18,9 km Strand mit Hilfe von 658 Teilnehmern beseitigt. In 2018 gab es einen Rekord von über 1000 Freiwilligen, die insgesamt 1813 kg Müll gesammelt haben. Diese Müllmenge wurde in diesem Jahr von 25 km Strand entfernt, aber ein Teil auch von Tauchern unter Wasser geborgen und entsorgt.

 

Übersicht Coastal Cleanup Day
Ergebnisse (Schwerpunkt Kieler Förde und umliegende Gewässer)
2013: 100 Freiwillige, 115 kg Müll, 3 km Strand
2014: 500 Freiwillige, 423 kg Müll, 13 km Strand
2015: 554 Freiwillige, 659 kg Müll, 22 km Strand
2016: 776 Freiwillige, 578 kg Müll, 17,5 km Strand
2017: 658 Freiwillige, 723 kg Müll, 18,9 km Strand
2018: 1083 Freiwillige, 1813 kg Müll, 25 km Strand

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Die Aktion „Plastikpiraten – Das Meer beginnt hier!" ist eine Citizen-Science-Aktion des Bundesministeriums für Bildung und Forschung im Rahmen des Forschungsschwerpunktes „Plastik in der Umwelt" und trägt zur Forschung über die Verbreitung von Makro- und Mikroplastik an und in deutschen Flüssen bei. Bei Citizen-Science-Projekten können sich an Wissenschaft interessierte Menschen direkt in den Forschungsprozess einbringen. Man spricht daher auch von Bürgerwissenschaften: Wissenschaftlerinnen und Forscher arbeiten mit Bürgerinnen und Bürgern Hand in Hand …

Die Aktion „Plastikpiraten – Das Meer beginnt hier!" ist eine Citizen-Science-Aktion des Bundesministeriums für Bildung und Forschung im Rahmen des Forschungsschwerpunktes „Plastik in der Umwelt" und trägt zur Forschung über die Verbreitung von Makro- und Mikroplastik an und in deutschen Flüssen bei. Bei Citizen-Science-Projekten können sich an Wissenschaft interessierte Menschen direkt in den Forschungsprozess einbringen. Man spricht daher auch von Bürgerwissenschaften: Wissenschaftlerinnen und Forscher arbeiten mit Bürgerinnen und Bürgern Hand in Hand.
In Projektgruppen erheben Jugendliche zwischen 10 und 16 Jahren bei der Aktion „Plastikpiraten" bundesweit Daten zu Kunststoffvorkommen an und in deutschen Fließgewässern. Dabei gehen sie folgenden Fragen nach: Wie viel und welcher Plastikmüll lässt sich dort finden? Wo sammelt sich besonders viel Müll? Und welche Rolle spielt die Fließgeschwindigkeit dabei?
Mit wissenschaftlichen Methoden wird Makroplastik wie zerrissene Tüten, weggeworfene Plastikflaschen oder verknotete Angelschnüre und sogar Mikroplastik gesucht, gezählt und dokumentiert.
Außerdem arbeitet die Kieler Forschungswerkstatt mit den gewonnenen Daten weiter. Es wird zum Beispiel analysiert, welche Flussabschnitte besonders stark mit Plastik verschmutzt sind und wie sich die Belastung von der Quelle bis zur Mündung eines Flusses entwickelt. Daraus lassen sich wirksame Schutzmaßnahmen ableiten, die Flüssen, Meeren und letztlich uns selbst zugutekommen.
Es wurden bereits vier Probeentnahmen durchgeführt (Herbst 2016, Frühjahr 2017, Frühjahr 2018 und Herbst 2018).
Über 5.500 Jugendliche von mehr als 300 Schulen und Organisationen nahmen in den Jahren 2016 und 2017 an der Aktion „Plastikpiraten" teil. An verschiedenen Fließgewässern in ganz Deutschland sammelten sie Müll und leisteten somit einen kleinen Beitrag zum Schutz der Meere. Die meisten Gruppen beschäftigten sich mit dem Flusssystem des Rheins, dicht gefolgt von Elbe, Weser und Donau. Aber nicht nur die großen Flüsse wurden untersucht, auch kleinere Fließgewässer wie die Ems und die Schwentine wurden von den Plastikpiraten unter die Lupe genommen. Insgesamt haben im Rahmen der Aktion 376 Gruppen Datensätze zur Verfügung gestellt, von denen 349 erfolgreich validiert werden konnten und in diese Analyse eingeflossen sind.
Die Forschungsarbeit der Plastikpiraten zeigt, dass unterschiedliche Müllquellen deutsche Flüsse und Bäche verschmutzen und damit auch irgendwann die Meere und Ozeane belasten. Die Auswertung der Daten der unterschiedlichen Jugendgruppen verdeutlicht: Alle zwei Quadratmeter wurde mindestens ein Müllteil an deutschen Fließgewässern gefunden. Oft kann dieser Abfall auch richtig gefährlich werden, beispielsweise wenn es sich um Glasscherben oder Chemikalien handelt. Nicht nur wir Menschen, sondern auch alle im Fluss oder Bach lebenden Tier- und Pflanzenarten sind dann besonders durch den Müll gefährdet. Immer wieder haben einzelne Gruppen jedoch auch gar keinen Müll vorfinden können und waren darüber manchmal enttäuscht. Doch das ist selbstverständlich das beste Ergebnis. (14)

 

Die bisherigen Ergebnisse lassen sich auf einer digitalen Deutschlandkarte einsehen.

 

Karte der Hauptflüsse und Entnahmestellen der Plastikpiraten 2016 und 2017 in Deutschland. Die Farbe der Punkte repräsentiert die verschiedenen Flusssysteme (oder Meere, in die die kleineren Flüsse fließen). Verändert nach Kiessling et al. 2019

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Forschungsprojekte am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

Was geschieht, wenn Mikroplastik in die Umwelt gelangt? Gibt es Wechselwirkungen zwischen Plastik und Bakterien? Und was für Auswirkungen hat die Mikroplastik-Aufnahme von Jungfischen auf deren Organismus? Diese und mehr Fragen haben sich Wissenschaftler am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und Christian-Albrechts-Universität zu Kiel gestellt.

Was geschieht, wenn Mikroplastik in die Umwelt gelangt? Gibt es Wechselwirkungen zwischen Plastik und Bakterien? Und was für Auswirkungen hat die Mikroplastik-Aufnahme von Jungfischen auf deren Organismus? Diese und mehr Fragen haben sich Wissenschaftler am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und Christian-Albrechts-Universität zu Kiel gestellt.

 

Aggregation und Interaktion von Mikroplastikpartikeln

Dr. Jan Michels forschte mit Kollegen vom GEOMAR, des Kieler Exzellenzclusters „Ozean der Zukunft" und des Helmholtz-Zentrums Geestacht an dem Thema Aggregation und Interaktion von Mikroplastikpartikeln in der Wassersäule. In Laborexperimenten konnte bereits nachgewiesen werden, dass Mikroplastikpartikel sich mit natürlichen Partikeln leicht verbinden und sogenannte Aggregate bilden. Ist die Mikroplastikoberfläche zusätzlich noch mit Mikroorganismen wie Bakterien und einzelligen Algen bewachsen, kommt es zu einer noch schnelleren und stabileren Aggregatbildung. Die Wissenschaftler vermuten, dass das Mikroplastik verpackt in den Aggregaten, in tiefere Wasserschichten der Ozeane gelangt. Somit ließe sich auch erklären, warum immer häufiger Mikroplastik am Tiefseeboden gefunden wird.

Die im Laborexperiment entstandenen Aggregate aus Plastikkügelchen und natürlichen Partikeln. Foto: Jan Michels/Future Ocean

 

Können Bakterien im Meeresboden Plastik- und kompostierbare Tüten abbauen?

Eine weitere Forschungsgruppe am GEOMAR hat untersucht, ob Bakterien Plastiktüten im Sediment des Meeresbodens abbauen. Das Ergebnis von Alice Nauendorf und ihren Kollegen: Weder klassische handelsübliche Tüten aus Polyethylen noch sogenannte kompostierbare Kunststofftüten hatten sich nach hundert Tagen im Sediment überhaupt verändert. Es gab weder eine Gewichtsabnahme noch chemische Veränderungen der Tüten. Demnach hat also kein Abbau stattgefunden. Dennoch konnten sie deutlich sehen, dass die kompostierbare Tüte stärker mit Bakterien besiedelt wurde.

Rasterelektronenmikroskop-Aufnahme der kompostierbaren Tüte nach 100 Tagen Inkubation im Sediment. Zu sehen sind Bakterien-Anhäufungen, ein Abbau des Materials ist nicht nachweisbar. Foto: Joachim Oesert, CAU

 

Mikroplastik im Meeresboden: eine neue Methode zur Identifikation

Zudem hat eine Gruppe von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des GEOMARs um Dr. Matthias Haeckel eine Methode entwickelt mit der Mikroplastikteilchen im Sediment gezählt werden können. Aufgrund der sehr geringen Größe ist dies keine leichte Aufgabe, da Mikroplastikpartikel mit dem Auge kaum sichtbar und sehr leicht verwechselbar mit Sandkörnern sind. Die Plastikteilchen werden zunächst vom Sediment getrennt und anschließend wird eine spezielle Mikroskopie-Methode verwendet um die verschiedenen Arten von Plastik bestimmen zu können. Diese Information ist besonders wichtig um die Quellen von Mikroplastik identifizieren zu können.

 

Profisegelsportler helfen Mikroplastikdaten zu sammeln

Eine Kooperation aus Profisegelsportlern und Wissenschaftlern haben sich der Herausforderung gestellt, die Verteilung von Mikroplastik in den Weltmeeren besser aufzuschlüsseln. Hierfür haben Dr. Toste Tanhua (GEOMAR) und Dr.-Ing. Sören Gutekunst (Ozean der Zukunft) spezielle Filter an zwei Yachten befestigt. Die Yachten nahmen am Volvo Ocean Race 2017/2018 teil und sammelten über 8 Monate und ca. 83.000 km Strecke Daten zur Mikroplastikverteilung. Vorläufige Ergebnisse zeigen, dass selbst an der entlegensten Stelle im Ozean Mikroplastik aufzufinden ist.

Die Messstation wurde in die Yacht „Turn the Tide on Plastic", für das Volvo Ocean Race 2017/2018, eingebaut. Sie hat ozeanografische Daten und Proben für die Mikroplastikanalyse genommen. Foto: Stefan Raimund

 

Die Mikroplastikaufnahme von Jungfischen

Die Mikroplastikaufnahme und -ausscheidung von Plankton fressenden Jungfischen (Schwarzfisch) wurde in einem Laborexperiment von Dr. Nicolas Ory am GEOMAR untersucht. Er hat festgestellt, dass die Fische schwarzes Mikroplastik (ähnlich zu üblichen Nahrungspartikeln des Fisches im Labor), Mikroplastik anderer Farben bevorzugen. Mikroplastik, als einzige Nahrung, wurde meistens von den Jungfischen ausgespuckt und nur geschluckt, wenn es mit Nahrung gemischt war. Die Studie zeigt, dass Jungfische, dazu gehören auch Fischarten von kommerziellem Wert und Wichtigkeit innerhalb der Nahrungskette, anfällig für die Mikroplastikaufnahme sind. Mikroplastik wurde im Durchschnitt nach 7 Tagen wieder ausgeschieden und es war zu beobachten, dass auch nach 7 Wochen keine akuten Auswirkungen auf den Fisch auftraten. Jedoch sind weitere Tests notwendig, um potentielle Einflüsse von Mikroplastik auf das Verhalten und die Physiologie des Fisches zu ermitteln.

Plankton fressende Fische nehmen Mikroplastik bevorzugt auf, wenn es der Beute ähnelt (a), und vermeiden Mikroplastik, welches unterschiedlich zur Beute ist (b). Dieses nehmen sie wahrscheinlich nur versehentlich auf, wenn es neben der Beute treibt (c). Wenn nur Mikroplastik aufgenommen wird, wird es meistens wieder ausgespuckt (a) und nur verschluckt, wenn es mit Nahrung im Mund gemischt ist (c,d). Quelle: Ory et al. 2017, Ory et al. 2018

 

Bakteriengemeinschaften auf Plastikoberflächen: eine neue Methode

Die Wissenschaftlerin Dr. Cathleen Schlundt entwickelte am Marine Biological Laboratory in Woods Hole (jetzt am GEOMAR tätig) eine neue Methode zur visuellen Identifikation von Bakterien auf Plastikoberflächen. Hierfür hat sie mit ihren Kollegen verschiedene Sonden entwickelt mit denen mehrere Bakteriengruppen (z. B. Bacteroidetes, Alphagammaproteobacteria oder Vibrionaceae), unter einem besonderen Mikroskop gleichzeitig dargestellt werden können. Somit kann die Verteilung von mehreren Bakteriengruppen auf der Plastikoberfläche, deren Interaktion untereinander und mit pflanzlichen Zellen, genauer untersucht werden. Die Methode wurde bereits an Proben aus dem Atlantischen Ozean und der Nordsee angewandt und festgestellt, dass Bakteriengruppen sich gleichmäßig auf Polyethylen-Oberflächen verteilen und im direkten Kontakt zu anderen Bakteriengruppen, aber auch zu pflanzlichen Zellen, stehen.

Mikroskopie-Aufnahme vom Bewuchs auf einem Polyethylen Stück nach einer Woche im Wasser am Woods Hole Dock, USA. Pink groß: Phytoplankton, pink klein: Gammaproteobakteria, hell blau: Rhodobacteraceae, dunkel blau: Bakterien, gelb: Bacteroidetes. Foto: Cathleen Schlundt, GEOMAR

 

Mikroplastik in der Ostsee: eine Langzeitstudie

Seit 1987 untersucht das GEOMAR jährlich das Nahrungsnetz der Ostsee an mehreren Standorten. Planktonproben und Mageninhalte von Hering und Sprotte werden seitdem konserviert gelagert und wurden nun von Kooperationspartnern in Dänemark unter Beteiligung von Dr. Jan Dierking vom GEOMAR auf Mikroplastik analysiert. Überraschenderweise stieg die Mikroplastikkonzentration im Wasser von 1987 bis 2015 nicht an und behielt einen konstanten mittleren Wert von 0.21 ± 0.15 Partikel pro Kubikmeter Ostseewasser. 20% der untersuchten Mageninhalte enthielten Plastik, hauptsächlich handelte es sich hierbei um Mikroplastikfasern. Es wurde auch hier kein zeitlicher Anstieg von den Wissenschaftlern beobachten. Angesichts der zeitlichen Stabilität der Mikroplastikkonzentrationen im Wasser, sehen die Wissenschaftler die Bestimmung der Transportraten in das Sediment am Boden der Ostsee als wichtigen nächsten Schritt an.

Die Mikroplastikkonzentration in der Ostsee und in Ostseefischen (Hering und Sprotte) ist seit 30 Jahren konstant. Quelle: Beer et al. 2018

 

Mikroplastik 54°N: Mikroplastik an unseren Küsten

Das Projekt des Kieler Exzellenzclusters „Ozean der Zukunft" hat sich zum Ziel gesetzt die Mikroplastikkonzentration an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste zu ermitteln. Im Winter und Sommer 2018 wurden dafür Sandproben aus dem Spülsaum an 10 Standorten zwischen der Flensburger Förde und Lübecker Bucht entnommen. Die Proben wurden dann am GEOMAR im Labor weiter aufbereitet. Ein spezielles Trennverfahren ermöglicht die Mikroplastikpartikel mit ihrer geringen Dichte aus dem Sand zu lösen und an die Oberfläche zu befördern. Die Partikel werden anschließend gesiebt, auf einen Filter überführt und unter einem Mikroskop sortiert. Um sicher zu gehen, ob es sich bei den Partikeln um Plastik handelt, wird die RAMAN Spektroskopie angewandt, welche die chemische Struktur der Oberflächen ermitteln kann.
Weitere Information zu dem Projekt: http://www.oceanblogs.org/mikroplastik54n/
https://www.youtube.com/watch?v=SE7Xcv7X08Y&feature=youtu.be

Kevin Schröder entnimmt Sandproben für die Mikroplastik-Untersuchung. Foto: Fenja Hardel, Exzellenzcluster "Ozean der Zukunft"

 

Plastik und seine Weichmacher: Wieviel wird an die Umgebung abgegeben?

Der Doktorand Jeyakumar Dhavamani der Christian Albrechts Universität zu Kiel beschäftigt sich mit der Toxizität von verschiedensten Plastiksorten und deren Weichmacher. Weichmacher sind Substanzen, die Plastik seine besonderen Eigenschaften wie zum Beispiel Flexibilität, Stabilität und Abbauresistenz verleiht. Jedoch sind diese Substanzen nicht chemisch an die Polymere gebunden, sie können aus dem Plastik austreten. Weichmacher sind häufig toxisch und können krebserregend sein. In seinem aktuellen Projekt möchte Jeyakumar Dhavamani das Austreten von Phthalaten (Weichmacher) aus verschiedensten Plastikmaterialien (LDPE, HDPE und recycelten Plastik) unter natürlichen Bedingungen untersuchen.

Foto: Sivaraman Chandrasekaran

 

Was sind die Auswirkungen von Mikroplastik auf die Miesmuschel in der Kieler Förde?

Die Miesmuschel Mytilus edulis ernährt sich von Plankton und filtriert täglich mehrere Liter Meerwasser. Dabei selektiert sie ihre Beute nach Größe. Was passiert jedoch, wenn Mikroplastik in das gleiche Größenspektrum fällt? Diese Frage hat sich auch Thea Hamm gestellt. Die Wissenschaftlerin am Geomar möchte herausfinden, ab welcher umweltrealistischen Mikroplastikkonzentration und Expositionszeit, die Miesmuschel negativ auf Mikroplastik reagiert. Hierfür werden in einem Langzeitlaborexperiment Muscheln verschiedenen Mikroplastikkonzentrationen ausgesetzt und nach gewissen Zeitabständen die physiologische Fitness über Wachstum und Filtrationsleistung getestet. Für das Experiment wurde zuerst die Mikroplastikkonzentration der Kieler Förde ermittelt, um auch realistische Plastikdichten zu verwenden.

Thea Hamm untersucht im Labor, ob die Miesmuschel Mikroplastik bei umweltrealistischen Konzentrationen aufnimmt und ob sie über längere Zeit darauf reagiert. Foto: Jan Steffen, GEOMAR

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GAME ist ein internationales Trainings- und Forschungsprogramm in der Meeresökologie, das angewandte Forschung mit der Ausbildung von Nachwuchswissenschaftlern verbindet. Jedes Jahr werden zu einer Fragestellung zeitgleich identische Experimente - über geografische und klimatische Grenzen hinweg - an verschiedenen Orten auf der ganzen Welt durchgeführt …

GAME ist ein internationales Trainings- und Forschungsprogramm in der Meeresökologie, das angewandte Forschung mit der Ausbildung von Nachwuchswissenschaftlern verbindet. Jedes Jahr werden zu einer Fragestellung zeitgleich identische Experimente - über geografische und klimatische Grenzen hinweg - an verschiedenen Orten auf der ganzen Welt durchgeführt. Das 11. GAME-Projekt im Jahr 2013 war das erste von insgesamt drei Projekten im Rahmen des Programms, das sich der Untersuchung des Einflusses von Mikroplastik auf wirbellose Meeresorganismen widmete. Hierfür wurden Sedimentfresser wie der Wattwurm, für 2 Monate in mit Mikroplastik angereichertem Sediment gehalten. Dabei haben die Forscherteams wichtige Pionierarbeit geleistet und wertvolle Daten für nachfolgende Projekte gesammelt. Im darauffolgenden Jahr haben sich dieselben Forschungsinstitute erneut für eine Folgestudie zusammengefunden. Der Versuchsaufbau hatte sich im Vergleich zum Vorjahr ein wenig geändert, denn in 2014 arbeiteten die Teams nun mit PVC als Modellplastikmaterial und nicht mehr, wie in 2013, mit Polystyrol. Zudem wurden die Tiere erstmalig verschiedenen Partikeldichten ausgesetzt, um zu testen ab welcher Mikroplastikbelastung sich im gegebenen Versuchszeitraum negative Auswirkungen feststellen lassen. In 2016 werden sich die GAME-Teilnehmer wieder mit der Mikroplastikproblematik beschäftigen. Dieses Mal werden sie testen, ob sich der Einfluss von Mikroplastik auf wirbellose Meeresorganismen verändert, wenn ein zweiter Umweltstress, in diesem Fall Hitzestress, hinzukommt. Es geht also darum, die möglichen Wechselwirkungen zwischen zwei Faktoren des globalen Wandels zu untersuchen. * Polyvinylchlorid

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Mareike Huhn, Doktorandin und ehemalige Teilnehmerin des GAME-Programms am GEOMAR hat zusammen mit einem Team aus Meeresbiologen, Tauchlehrern und Projektmanagern mit langjähriger Asienerfahrung den Förderverein Marine Conservation South East Asia e.V. (MC-SEA) gegründet …

Mareike Huhn, Doktorandin und ehemalige Teilnehmerin des GAME-Programms am GEOMAR hat zusammen mit einem Team aus Meeresbiologen, Tauchlehrern und Projektmanagern mit langjähriger Asienerfahrung den Förderverein Marine Conservation South East Asia e.V. (MC-SEA) gegründet. Die Organisation setzt sich für ein nachhaltiges Zusammenleben von Mensch und Meer in Südostasien ein, mit dem Ziel, das ökologische Gleichgewicht in der Region zu bewahren und den Artenreichtum der Region unter Wasser und an den Küsten zu schützen. Hierfür bildet MC-SEA die Küstenbevölkerung südostasiatischer Länder darin aus, natürliche Ressourcen nachhaltig zu nutzen und Abfallprodukte umweltschonend zu entsorgen.
Seit 2013 liegt das Hauptaugenmerk auf der Etablierung eines funktionierenden Abfall-Entsorgungssystems auf den indonesischen Banda-Inseln im Indopazifik, eines der letzten Paradise unserer Erde. Hierfür stellt MC-SEA nach und nach den insgesamt sieben Dörfern auf der Hauptinsel Banda Naira für jeweils zwei Monate eine Müllabfuhr zur Verfügung. Diese besteht aus freiwilligen Helfern mit Handwagen und Motorrad-Pickups, die zweimal in der Woche von Haus zu Haus fahren und den in leeren Reissäcken gesammelten Abfall abholen. Nach zwei Monaten wird von den Dörfern erwartet, dass sie das System selbstständig fortsetzen und finanzieren. Seit Februar 2014 finden außerdem wöchentliche Müllsammelaktionen an verschiedenen Stränden der Insel Naira statt. Diese dienen in erster Linie der Aufklärungsarbeit. Die negativen Auswirkungen von Abfall auf die Umwelt sind den meisten Menschen aufgrund unzureichender Bildung nicht bewusst. Jede Woche nimmt eine neue Schulklasse an den Aktionen teil. Die Vorbereitung der teilnehmenden Kinder ist einer der wichtigsten Aspekte dieser Aktionstage. Langfristig muss jedoch eine Lösung für Recycling direkt auf Banda entstehen, da der Abtransport des Mülls aufgrund der abgeschiedenen Lage zu kostspielig ist. Aufgrund der wachsenden Müllberge weltweit ist eine nachhaltige und international greifende Lösung für die Entsorgung des Abfalls auf lange Sicht dringend notwendig, da in vielen Ländern der Müll immer noch in den Vorgärten verbrannt oder in der Umwelt entsorgt wird.

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Referenzen

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